Schachklub Kerpen 64 e.V.

Chess Classic Mainz 11.-14.08.2005

Vom 11.-14.08.2005 nahmen Heike Vogel, Lutz Schauff, Stefan Pick vom SK Kerpen 64 e.V. und Wolfgang Wieferig vom ISV Freibauer Eikamp 78 an den Chess Classic in Mainz teil.

Chess Classic, das bedeutete heuer die Teinahme am FiNetOpen im Chess960 und am Ordix Open im herkömmlichen Schach. Die Bedenkzeit betrug in beiden Turnieren 20 Minuten plus 5 Sekunden pro Zug.

ganz schön voll im Turniersaal!

Chess960 ist eine relativ neue Form des Schachspiels. Dabei werden die Bauern wie gewohnt auf der zweiten und siebten Reihe aufgestellt. Die Aufstellung der Figuren auf der Grundreihe wird ausgelost, mit einigen Einschränkungen, z.B. müssen die Läufer auf Feldern unterschiedlicher Farbe stehen. Die schwarze Aufstellung ist symmetrisch zur Weißen.

Damit wird dem nominell stärkeren Spieler ein Teil seiner Spielstärke, die Eröffnungstheorie, genommen. Der Kampf Mann gegen Mann (oder Frau gegen Frau oder Frau gegen Mann) wird mit noch gleicheren Waffen geführt. Gerade bei den Frauen waren sehr viele Spielerinnen der Weltelite am Start, angeführt von der Weltmeisterin Antoaneta Stefanova aus Bulgarien. 3 Spielerinnen mit einer ELO-Zahl > 2500, insgesamt 9 mit einer ELO > 2400 im FiNetOpen!

Immerhin haben wir jetzt 3 Spieler in der IPS-Weltrangliste (Individual Player Strength = ELO für Chess960) vertreten, und das als kleiner Verein! Heike holte 4,5/11, Lutz und Wolfgang 5, Stefan 5,5. Da die IPS mit der normalen ELO als Basis errechnet wird, ergeben sich 2122 IPS für Heike, 2108 für Stefan und 2092 für Lutz. Aber das sind natürlich nur Zahlenspielereien!

Mit den 5,5 Punkten gegen 11 stärkere Gegner(!) bei einem Schnitt von geschätzten 2300 muß ich natürlich mehr als zufrieden sein. Dumm nur, daß immer noch ein halber Punkt am Ratingpreis fehlte.

Überhaupt schätze ich, daß das FiNetOpen im Chess 960 das stärkstbesetzte SchnellschachOpen der Welt ist. Mehr als 40 Spieler hatten eine Ratingzahl > 2500, und das bei einer Gesamtteilnehmerzahl von 206! Das bedeutet, das jeder fünfte Teilnehmer eine ELO > 2500 hatte! In "normalen" Turnieren sind diese Spieler an einer Hand abzuzählen. Wenn man in der Abschlusstabelle sieht, daß ein Spieler mit einer ELO-Zahl von 2086 3 Punkte aus 11 Spielen holt, weiß man Bescheid. Insofern können wir alle mit den erspielten Punkten noch mehr oder weniger zufrieden sein. Wolfgang spielte gegen mehrere GMs und IMs. So besiegte er z.B. den Großmeister Lothar Vogt, der später im Ordix-Open den 20. Platz erreichen sollte. Außerdem hatte er das zweifelhafte Vergnügen, gegen GM Alexandra Kosteniuk antreten zu dürfen. Sie kam wohl mit dem Blitzlichtgewitter deutlich besser zurecht, so daß Wolfgang trotz zeitweilig sehr guter Chancen doch mit einer 0 aus der Partie heraus ging.

Wolfgang bei der "Arbeit" ...

Daß Heike und ich im Laufe des Turniers gegeneinander spielten, muß ich nicht weiter kommentieren. Die Turnierleitung sah sich nicht in der Lage, das zu ändern, obwohl wir in dem Falle beide 2,5/7 hatten und weitab von jedem Preisgeld zu finden waren. Schade...

... und bei der Nachbetrachtung

Trotzdem denke ich, daß allen diese neue Art des Schachs viel Spaß gemacht hat. Das Problem an dem Termin (Donnerstag und Freitag) ist natürlich, daß man für das FiNet-Open 2 Tage Urlaub nehmen muß, während das Ordix-Open am Wochenende stattfindet.

das Favorite-Hotel

Genächtigt haben wir übrigens im Favorite-Hotel in Mainz (www.favorite-mainz.de), das auch das Quartier des FSV Mainz 05 ist. Die Jungs haben sich allerdings wohl nicht richtig auf den SV Werder Bremen vorbereitet, denn das Heimspiel am Sonntagabend ging mit 0-2 verloren. Das Hotel ist sehr schön, nur der Regen machte uns beim Heimweg schon mal einen Strich durch die Rechnung. Da musste dann kurz in die Kneipe abgebogen werden.

Impressionen vom Weg zum Turnier

Am Samstag startete schließlich das Main-Event, das Ordix-Open. 546 Teilnehmer, darunter mindestens 122 FIDE-Titelträger, nahmen am vermutlich stärksten Schnellschach-Open der Welt teil. Der Rating-Durchschnitt aller Teilnehmer lag bei genau 2100!!! Es soll Schachturniere geben, wo überhaupt kein Teilnehmer dieses Niveau erreicht.

Der Durchschnitt der Top Ten des Turniers lag bei 2705! Kommentar überflüssig. Jeder wollte die 6500 Euro Siegprämie kassieren. Dementsprechend wurde auch in beiden Turnieren "alles" weitergespielt, wirklich alles. So verlor der Berichterstatter im Chess960-Open das Endspiel Springer gegen Turm. Dieter Morawietz vom KKS unterlag im Ordix-Open Alexej Dreev mit Turm gegen Turm und Springer, während Wolfgang Wieferig gegen einen FM Turm und Läufer gegen Turm nicht gewinnen konnte. Dazu muß man wissen, daß wegen der 5 Sekunden Aufschlag pro Zug eine Remisreklamation so ohne Weiteres nicht möglich ist. An den vorderen Brettern darf der Spieler allerdings die elektronische Aufzeichung zur Remisreklamation beispielsweise nach der 50-Züge-Regel benutzen. Weiter hinten im Feld muß er schon selbst mitschreiben bzw. -stricheln, um Ähnliches nachzuweisen. Denn die normalen Schachregeln gelten natürlich auch hier. Die Problematik besteht lediglich in der Nachweisbarkeit.

In der vorletzten Runde tauchte als einziger Spieler ohne Titel Stan Korotkevych von der SG Porz mit 7,5 Punkten aus 9 Runden an Brett 3 auf. Er hatte in der achten Runde GM Alexander Berelovich besiegt und in der neunten Runde GM Rustem Dautov. Seine ELO-Zahl von derzeit 2355 ist vermutlich etwas zu gering für seine Spielstärke. Allerdings dürften die Ergebnisse nur für Außenstehende überraschend gewesen sein. Immerhin besiegte Korotkevych vor 2 oder 3 Jahren u.a. auch den ehemaligen WM-Kandidaten GM Lajos Portisch aus Ungarn, der auch heuer am Start war. In der zehnten Runde war es jeodch schnell zu Ende. Alexander Morozevitch erwies sich als eine Nummer zu groß für den Porzer. Lospech in der elften und letzten Runde bescherte ihm dann auch noch Michal Krasenkow als Gegner, da Stan als Startnr. 98 runtergelost wurde. Dessen 2663 ELO waren denn auch zu gewichtig für den Porzer Zweitligaspieler.

Heike holte diesmal 6,5/11, eine deutliche Steigerung gegenüber den 4,5 aus dem Chess960-Open. Lutz erreichte in beiden Turnieren 5 Punkte, ich zweimal 5,5. Wolfgang Wieferig kam im Ordix.-Open auf 6 Punkte gegenüber 5 im FiNet-Open. Soviel zu den reinen Zahlen.

Die beiden Turniere und alles Drumherum kann ich dem geneigten Schachfreund nur empfehlen. Für das Schach ist jeder Teilnehmer selbst verantwortlich, und auch das Wetter kann dem Veranstalter nicht angelastet werden. So viele "lebende Legenden" des Schachspiels, mit Anatoli Karpow, Vishy Anand und Boris Spassky 3 Weltmeister, die Weltspitze des Frauenschachs in einem Open versammelt - Schachherz, was willst du mehr? Natürlich hat das auch seinen Preis, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Wir werden jedenfalls versuchen, im nächsten Jahr wiederzukommen, falls es terminlich passt. Gut möglich nur, daß das Chess960-Open dann wiederum der Terminplanung zum Opfer fällt, denn 2 Urlaubstage sind nicht immer leicht abzuknapsen, zumindest nicht für die arbeitende Bevölkerung.

Schaun mer mal!

Stefan Pick, SK Kerpen 64 e.V.

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